Europäische Gaskonferenz: Hinterzimmerdeals drohen Energiewende in Europa zu bremsen!
Bukarest - Am Montag beginnt in der rumänischen Hauptstadt Bukarest die Europäische Gaskonferenz EGC. Sie ist laut Veranstalterangaben „Europas exklusivste Zusammenkunft hochrangiger Entscheidungsträger aus den Bereichen Gas, LNG und grünes Gas“. Nur geladene Gäste haben Zutritt. Nachdem sie in den vergangenen Jahren in Wien von mas- siven Protesten begleitet und 2024 aufgrund von Sicherheitsbedenken abgesagt wurde, haben die Veranstalter sie nun nach Bukarest verlegt.
Ein Bündnis verschiedener NGOs lädt in Bukarest am Samstag und Sonntag zu einem Gegengipfel ein, für den sich Dutzende Aktivist*innen aus ganz Europa angemeldet ha- ben. Details sind zu finden unter: stopneptundeep.org/
Johanna Frühwald, Campaignerin bei urgewald, kritisiert: „Hinter verschlossenen Türen wollen die Industrieverantwortlichen dafür sorgen, Europa langfristig in fossiler Abhän- gigkeit zu halten. Diesen Gefallen werden wir ihnen nicht tun. Ihre klimaschädlichen Deals werden wir öffentlich machen und Scheinlösungen auf Kosten von Mensch, Um- welt und Klima entlarven. Nur eine Energiewende frei von fossilem Gas macht unseren Kontinent unabhängig, sicher und zukunftsfest.“
Im Fokus der Gegenkonferenz und der geplanten Proteste steht das kontroverse Gasför- derprojekt Neptun Deep im rumänischen Schwarzen Meer. Es ist eines der größten Gas- förderprojekte Europas.1 Das rumänische Unternehmen Romgaz (Rumänien) und OMV Petrom, Tochter des österreichischen Öl- und Gaskonzerns OMV, planen ab 2027 ge- schätzte 100 Milliarden Kubikmeter fossiles Gas im rumänischen Schwarzen Meer zu erschließen. Die Förderung soll bis zum Jahr 2047 laufen und könnte durch die Verbren- nung des geförderten Gases bis zu 270 Millionen Tonnen CO2 verursachen – das entspricht mehr als dem Vierfachen der österreichischen Jahres-Emissionen!
1 Vgl. gogel.org/neptun-deep-reckless-run-gas-black-sea
Alina Afelcailor von Greenpeace Rumänien sagt dazu: "Das schwarze Meer ist ein öko- logisch hochsensibles und bereits jetzt stark verschmutztes Gebiet. Bau und Betrieb der Gasförderanlagen bedrohen Artenvielfalt, Fischfang und die gesamte Meeresökologie. Eine zusätzliche Gefahr stellen Unterwasserminen dar, die seit Russlands Invasion in der Ukraine im Meer schwimmen und zu einer riesigen Umweltkatastrophe führen können.“ Im Frühjahr vergangenen Jahres veröffentlichte Greenpeace Rumänien Fotos einer be- stehenden Gasplattform von OMV Petrom im Schwarzen Meer, die bedenkliche Schäden an tragenden Elementen zeigen.2
Bei der Finanzierung des Neptun-Deep-Projekts sind zwei österreichische Banken involviert: die Raiffeisen International Group sowie die BCR, die rumänische Tochter der Erste Group. Laut einem Medienbericht haben sich beide an einem 350-Millionen- Euro schweren Kredit an Romgaz beteiligt, der für die teilweise Finanzierung des Er- werbs der bisherigen Exxon-Beteiligung an Neptun Deep genutzt werden soll.3 Beide Banken sind deshalb stark in die öffentliche Kritik geraten.
Weiteres wichtiges Thema auf der Industriekonferenz wird der Ausbau der Infrastruktur für Flüssigerdgas (LNG) in Europa sein. Nach Daten der urgewald-Öl- und Gasdatenbank GOGEL planen Unternehmen in Europa derzeit einen Ausbau von LNG-Importterminals, der die bestehenden Kapazitäten um 68 Prozent steigern würde – aktuell liegen diese in Europa bei 209 Millionen Tonnen pro Jahr (Mtpa). Die LNG-Expansionspläne der Unternehmen stehen im starken Widerspruch zu einem Nachfragerückgang für LNG. Schon jetzt ist die durchschnittliche Nutzungsrate bestehender LNG-Importterminals in Europa niedrig. In der EU lag sie 2023 bei unter 60 Prozent.4
2 Vgl. greenpeace.at/presse/omv-petrom-plattform-verrostet-im-schwarzen-meer- %E2%80%93-greenpeace-fordert-aufklaerung-bild/
4 Vgl. www.urgewald.org/medien/global-oil-gas-exit-list-2024-milliardenschwere-buerde-fuer- klimaverhandlungen