Recycling von Narkosegasen
Seit November kommen am Landeskrankenhaus (LKH) Hall und damit erstmals in Tirol Narkosegasfilter zum Einsatz. Durch ein „Absorbersystem“ werden Narkosegase im OP gesammelt. Die Anästhesie in Hall setzt damit einen nachhaltigen Schritt .
Hall - Laut einer Studie ist der Gesundheitssektor für rund sieben Prozent des CO2-Ausstoßes in Österreich verantwortlich. Auch bestimmte Narkosegase tragen zu diesem CO2-Fußabdruck bei. Bisher wurden diese sogenannten „volatilen Anästhetika“ nach ihrer Verwendung im OP-Bereich abgesaugt und ungefiltert abgeleitet. Seit November testet das LKH Hall nun ein neues Filtersystem für Anästhesiegase. Über ein spezielles Absorbersystem werden Anästhesiegase abgefangen und durch einen Aktivkohlefilter beinahe vollständig absorbiert. Gesättigte Absorber werden einfach getauscht und können auch in einen Recycling-Prozess rückgeführt werden.
„Bei einer sechsstündigen Narkose* wird gleich viel CO2 ausgestoßen, als würde man 1.700 Kilometer mit dem Auto fahren. Wir haben in Hall neun Anästhesiearbeitsplätze, die allein zu Kernzeiten acht Stunden am Tag betrieben werden. Gerade im OP ist Klimaschutz eine besondere Herausforderung, denn die Sicherheit unserer Patientinnen und Patienten hat oberste Priorität. Umso mehr freut es mich, dass wir mit diesem innovativen System nach höchsten Sicherheitsstandards arbeiten können und sich der enorme CO2-Ausstoß minimieren lässt“, so Stephan Eschertzhuber, Primar der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin.
Verzicht auf Desfluran und Einsatz von Low-Flow-Anästhesie
Am LKH Hall wird jedoch nicht nur gefiltert, sondern der Fokus liegt auch auf der Reduktion und Vermeidung von bestimmten Narkosegasen. Mit der Umsetzung einer „Low-Flow-Anästhesie“ und dem Verzicht auf Desfluran leistet das Team schon seit Längerem einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz.
Desfluran gehört zu den umweltschädlichsten Narkosemitteln. Es führt zu einer 20-mal höheren Umweltbelastung als andere volatile Anästhetika. Daher greift die Anästhesie in Hall bei ihren Eingriffen auf genauso sichere, jedoch klimafreundlichere Alternativen zurück. Mittels Low-Flow-Anästhesie kann der Narkosegasverbrauch außerdem sicher und signifikant um bis zu 58 Prozent reduziert werden. Bei dieser „Niedrigflussnarkose“ kommt ein Rückatemsystem zum Einsatz, das die Sauerstoffzufuhr durch eine automatische Gaskontrolle steuert und den Frischgasfluss stark reduziert. Das bedeutet weniger Narkosemittel und damit weniger Treibhausgasemissionen.
Vorreiter in Tirol
Das LKH Hall ist mit dem Einsatz des neuen Filtersystems Vorreiter in Tirol und liefert mit der Teststellung in den Haller OPs wichtige Erfahrungswerte für die anderen Standorte der tirol kliniken. Auch an der Innsbrucker Klinik läuft das Projekt zur Implementierung der Narkosegasfilter. Aus Kompatibilitätsgründen werden hier die bestehenden Systeme nicht mit den derzeit am Markt verfügbaren Absorbersystemen nachgerüstet. Es ist geplant, langfristig auf neue Systeme umzustellen.
* Annahme: Nutzung von Sevofluran bei Low-Flow-Anästhesie (ca. ein Liter Frischgasfluss) bei einem österreichischen Durchschnittsverbrauch von sieben Liter auf Basis des GWP1 (= global warming potential).
Cornelia Vettori, MA